Von Menschen und Tieren

Lange war es still hier – bevor ich jetzt mal wieder daran scheitere, alles so gut wie möglich zu ordnen und zu recherchieren, berichte ich flugs ungeordnet von unserem gestrigen Tag mit Menschen und Tieren an verschiedenen Orten. Nicht umsonst möchten Siegfried und viele andere Menschen die Sprache der Vögel verstehen können – sie haben uns eine Menge zu sagen. Danach betritt der beste Freund des Menschen die Bühne.

Djurberg und Berg in der Schirn

Die Ausstellung „Djurberg und Berg“ hätte ich auch mit den Namen der Künstler betitelt. Den Inhalt in einen Titel zu verwandeln ist unmöglich. Ich als filmaffiner Neugierling fand mich in einem Kosmos wieder, der das Gefühl vermittelte, eine fleischfressende Pflanze betreten zu haben. Der Verdauung menschlicher und tierischer Leiber und Geister war direkt beizuwohnen und die Darreichungsform gar nicht mal so wenig lecker. Mein Favorit sind die Installationen – die mit den übergroßen Blumen, aber auch die mit den Vögeln und vor allem die mit den Tieren am Tisch. Bezeichnenderweise haben die tafelnden Vögel die Lehnen ihrer Stühle mit Kot verziert, und spätestens da wird klar, dass sie auch nur Menschen sind. Große Klasse hat die Rapper-Video-Paraphrase. Manchmal musste ich mich von den lustigen bunten Alpträumen abwenden – verstörend trifft’s, der Grat zum Faszinieren ist schmal und wird mit Lust betreten. Interessant finde ich, dass Djurberg sagt, die Musik Bergs habe sie inspiriert. Nun, jede(r) ist anders – ich fand die Musik im Vergleich zu den ungewöhnlichen Bildern durchaus dem Mainstream entsprechend. Wie auch immer – wer es aushält, sich seinen eigenen Urteilen, Vorurteilen und Abgründen zu nähern, wird in dieser Ausstellung etwas spüren, was „Spaß“ und „Zerstreuung“ sehr nahe kommt, nur quasi als die dunkle Seite davon. Die Tiere sind nicht die besseren Menschen, sondern die hübscheren.

Graciela Iturbide im Fotografie Forum Frankfurt

Wie soll man denn solche Bilder wieder loswerden? Am besten gleich noch mehr Bilder drauf, umrühren – und feststellen, dass Iturbide ähnliche Archetypen versammelt wie Djurberg und sich die beiden in einer unterschiedlichen künstlerischen Sprache geäußert haben. Die Menschen in ihrer Schönheit, Verzweiflung und Unbegreiflichkeit, dazu Tiere, oft Vögel und trotz/wegen schwarzweißer Aufnahmen höchst beeindruckende und eben auch verstörende Bilder. Menschen, die in Tiere übergehen, tote Tiere, lebendige Tiere an ungewohntem Ort, Vögel, die das Schickals der Menschen anzuzeigen scheinen, Verkleidungen, die das wahre Ich zeigen. Bizarr der Blick in Frida Kahlos Badezimmer – neben den surrealistisch anmutenden Korsetts ist hier auch ein Plakat zu sehen, welches Stalin zeigt. Wenn man gerade „The death of Stalin“ gesehen hat, ist das eindeutig verstörend, aber aus der Zeitläufte heraus verständlich. Und macht die Kahlo noch fremder und gleichzeitig liebenswerter, liebe Frida, was du alles gewollt und gedacht hast und wie sehr du dich gequält hast in vieler Hinsicht. Und dieses Land Mexiko, in welchem man die Iguanas eben noch auf dem Kopf sitzen hat und sie im nächsten Moment herunternimmt, um ihren Kopf abzuschneiden und sie zu essen. Vergleichsweise anständig, wenn man an Massentierhaltung denkt.

„Isle of dogs“ von Wes Anderson

Und noch eine Portion Bilder obendrauf, es muss ja mindestens bis zum nächsten Wochenende reichen. Wenn ich nur aus dem Grund selbst einen Stop-Motion-Film gemacht hätte um schätzen zu können, was einen Film wie diesen auszeichnet, hätte sich die Mühe schon gelohnt. Ein großartiges Drehbuch, eine wirklich vielfältige Gestaltung, Perfektion, die nicht steril wirkt, tolle Musik. Das Talent, das alles so feinfühlig zu mischen und zu dosieren, dass es fern von Effekt und Kitsch ist. Die Geduld, Bild an Bild zu reihen und dabei jedem Bild optimale Wirkung mitzugeben, um den Zuschauer mit in eine fremde und doch so vertraute Welt zu nehmen. Wieder sind die Tiere die hübscheren Menschen, aber die zugrunde liegende Weltsicht ist optimistisch. Spätestens als ich las, dass eine der Stimmen Yoko Ono gehört, war ich diesem Film verfallen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.